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Bürgermeinung trifft auf Fraktionszwang?

In einer Veranstaltung von Campact im Rahmen der Aktion: „Woche des Dialogs“ fand am Dienstagnachmittag die Bürgersprechstunde des Bundestagsabgeordneten Tankred Schipanski im Solardorf Kettmanshausen statt. Mehr als 25 Interessierte nahmen die Gelegenheit wahr, mit dem Bundestagsabgeordneten aus ihrem Wahlkreis Gotha-Ilm-Kreis, Tankred  Schipanski, über den Atomausstieg und die Energiewende zu diskutieren.
 
Ausgeprägt diskutiert wurde vor allem die Bezahlbarkeit von Energie für Industrie und Bürger. Der Argumentation, dass Atomstrom der preiswerteste Strom sei, widersprachen die anwesenden und zum großen Teil sehr gut informierten Teilnehmer. Nur aufgrund abgeschriebener, uralter und unsicherer Kraftwerke, genau wie Quersubventionierung durch den Staat,  der im Falle eines Unglücks alle Kosten tragen würde, kann ein kWh-Preis von wenigen Cent errechnet werden. Der faktische Preis für Atomstrom liegt selbst bei industriefreundlichen Schätzungen bei mindestens 50 Cent bis zu 2 Euro pro kWh.
Ein weiteres Schwerpunktthema war das Abstimmungsverhalten des Abgeordneten. Während auf der einen Seite die Anpassung des EEG und damit die Kürzung der Förderung für Solaranlagen beschlossen wurde, galten noch Ende des vergangenen Jahres alle deutschen Atommeiler als so sicher, dass sie im neuen Energiekonzept weiter betrieben werden sollten. Nach Fukushima folgte die metaphorische Rolle rückwärts. Die anwesenden Bürger nutzen die Diskussionsrunde einhellig, um dem  Abgeordneten mitzuteilen, dass diese Abstimmungen weder im Sinne der Bürger allgemein, noch im Sinne der Landkreise Gotha und Ilm-Kreis  seien. Zur Stärkung der politischen Glaubwürdigkeit trüge dieses Verhalten keineswegs bei.
Tankred Schipanski betonte, dass er Energieforschung für einen Eckpfeiler des Energiekonzeptes halte, wich jedoch, nach seiner persönlichen Meinung befragt, stets mit Hinweis auf die „Fraktionsmeinung“ aus. Sebastian Beitlich, ein Interessierter aus Gotha, meint dazu: „Ergebnisse von Forschungen liegen bereits jetzt schon vor. Dazu gehören eine dezentrale Stromerzeugung, wie es auch die Piraten Thüringen fordern, mit Energiespeicherung z.B. als „Windgas“. Außerdem würden sinnvolle Kraft/Wärme-Kopplungen, Einsparungen und die Vermeidung von Lastspitzen schon jetzt die unflexible Stromerzeugung durch AKW überflüssig machen. Die Argumentation Herrn Schipanskis bezüglich der Atomkraft als „Brückentechnologie“ ist genauso wenig glaubwürdig und authentisch, wie die von ihm beschriebenen vier Säulen der Energiepolitik der Union: Versorgungssicherheit,  Umweltverträglichkeit, Bezahlbarkeit und Akzeptanz. Das Thema Sicherheit und die Menschen sehe ich darin bedauerlicher Weise nicht berücksichtigt“.
Die aufgenommenen Informationen werden die Basis für eine eingehende Recherche Herrn Schipankis sein. In einer weiteren Bürgersprechstunde will er sich erneut den Bürgern stellen und die Willensbildung zum Thema Energiepolitik insbesondere der Atomstromproblematik im Wahlkreis weiterführen. Die PIRATEN werden sicher wieder zahlreich dabei sein.
Auf dem kommenden Landesparteitag am 4. Juni 2011 in der Stadtbrauerei Arnstadt werden die PIRATEN Thüringen nicht nur einen neuen Vorstand wählen, sondern auch über eine Programmerweiterung z.B. zum Thema Energiepolitik diskutieren und abstimmen.
Daniel Schultheiß, Ilmenauer Stadtrat, fasst die Ergebnisse der Runde für sich zusammen: „Ich freue mich, dass in einer solchen offenen und konstruktiven Runde das Thema Energiewende besprochen werden konnte. Die Argumente aller Seiten wurden ausgetauscht und ich bin davon überzeugt,  dass Tankred Schipanski diese in seine zukünftige Arbeit in Berlin und im Wahlkreis einfließen lassen wird.“