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Demokratie braucht Wiederbelebung – Herzstillstand der Internet-Enquete

Das Demokratieverständnis der Bundesregierung scheint zunehmend fragwürdig. Nachdem erst kürzlich der letzte Termin für die Verabschiedung eines gültigen Wahlgesetzes verstrich, folgte im Laufe des gestrigen Montags der nächste Gau. Mit taktischen Tricks wurde die Enquete Kommission des Bundestages „Internet und digitale Gesellschaft“ um ihre Entscheidung gebracht.
Angedacht war eine Empfehlung des Expertenrates für eine gesetzliche Sicherung der Netzneutralität, für die sich eine Mehrheit aussprach. Diese demokratische Entscheidung wurde nun mit Stimmen der CDU und FDP unterwandert und das Treffen vertagt.
„Falls sich jemand fragt, warum eben 30 Minuten Pause in der #eidg war: Solange hat die Absprache des Schmierentheaters hier gedauert.“, twitterte Internetaktivist und Mitglied der Kommission Markus Beckedahl sichtlich verärgert noch während der Sitzung.
„Das Demokratieverständnis der Bundesregierung? Wenn die Abstimmung nicht passt, wird sie umgangen.“, wirft Hendrik Stiefel, Generalsekretär der Piratenpartei Thüringen der schwarz-gelben Koalition vor.
Experten sind sich einig, wenn es um die Frage geht: „Sind alle Bits gleich?“
Eine gesetzliche Regelung muss die gleichberechtigte Übertragung aller Daten sicherstellen, so fordern es auch der PIRATEN Thüringen. Dass ein solches Gesetz nötig wird, erklärt Hendrik Stiefel: „Die Netzanbieter betreiben unter dem Vorwand des Datenstaus und hoher Datenaufkommen digitale Landnahme. Zur Steigerung von Profiten will man Datenpakete filtern und in Abhängigkeit von ihrem Inhalt schneller oder langsamer weiterleiten, am besten mit Aufpreis für bestimmte Medieninhalte.“
Dies wirft zusätzlich die Frage nach dem Datenschutz auf. So ist die Maßnahme vergleichbar mit einer Poststelle, die alle Pakete öffnet, bevor diese zugestellt werden – also das Pendant zur deep-package-inspection in der digitalen Welt, die heute schon von Netzanbietern zum Einsatz kommt.
„Ein Eingriff in Bürgerrechte, die stärker denn je in Gefahr scheinen“, kommentiert Stiefel, „betrachtet man beispielsweise die Enquete-Kommission stellt man fest, wie hier demokratische Prinzipien über Bord gehen“.